Lebendige Geschichte statt vergessene Vergangenheit – ein Besuch bei Dr. Daniela Sommer zeigt, wie Erinnerungsarbeit gelingen kann
Gemeinsam mit meiner Frau hatte ich kürzlich die Gelegenheit, die restaurierte Synagoge in Vöhl zu besuchen – eine Erfahrung, die mich sowohl persönlich als auch in meiner Rolle als angehender Kommunalpolitiker nachhaltig beeindruckt hat.
Vom Baustofflager zum kulturellen Gedenkort
Die Geschichte der Synagoge Vöhl ist exemplarisch für viele jüdische Gotteshäuser in Deutschland: 1827 erbaut, diente sie über ein Jahrhundert lang als religiöses und kulturelles Zentrum für bis zu 140 Juden in Vöhl. Nach der Zerstörung jüdischen Lebens durch die Nationalsozialisten verschwand das Gebäude in der Bedeutungslosigkeit – es wurde als Baustofflager genutzt, bis der Förderkreis „Synagoge Vöhl“ es 1999 erwarb und mit großzügiger Unterstützung der Gemeinde restaurierte.
Heute erstrahlt die Synagoge wieder in ihrer ursprünglichen Pracht. Besonders beeindruckend ist der Sakralraum mit seiner kunstvoll gestalteten, sternenverzierten Decke – ein Anblick, der die spirituelle Bedeutung dieses Ortes unmittelbar erfahrbar macht.
Innovative Jugendarbeit als Schlüssel zur Nachhaltigkeit
Was mich als Kommunalpolitiker besonders fasziniert hat, ist das pädagogische Konzept der Synagoge Vöhl: In zweiwöchigen Rhythmen arbeiten Schülerinnen und Schüler vor Ort, lernen die Geschichte kennen und können am Ende selbst Führungen leiten. Dieses Projekt schafft nicht nur Wissen, sondern auch persönliche Verbindungen zur Geschichte – ein Ansatz, der Erinnerungskultur nachhaltig und authentisch vermittelt.
Erinnerungsarbeit in Fritzlar: Potenziale erkennen und nutzen
Der Besuch hat mich zum Nachdenken über unsere eigene Erinnerungskultur in Fritzlar gebracht. Auch wir haben wichtige Zeitzeugnisse jüdischen Lebens: Stolpersteine in der Kernstadt und in verschiedenen Ortsteilen sowie jüdische Friedhöfe. Doch nutzen wir das Potenzial dieser Orte ausreichend für Bildung und Erinnerungsarbeit?
Mir ist bewusst geworden, dass ich selbst zu wenig über die jüdische Geschichte unserer Region weiß. Während die Ereignisse der NS-Zeit allgemein bekannt sind, fehlt oft das Verständnis für das lebendige jüdische Leben des 19. und frühen 20. Jahrhunderts – ein essenzielles Wissen um die Tragweite der späteren Zerstörung zu begreifen.
Vernetzung und Austausch als Grundlage
Der Besuch war auch durch die Einladung von Dr. Daniela Sommer möglich, unserer SPD-Direktkandidatin für den Wahlkreis, die sich kontinuierlich für Erinnerungsarbeit und kulturelle Bildung einsetzt. Solche Vernetzungen zwischen Kommunen sind wertvoll: Sie ermöglichen den Austausch bewährter Praktiken und inspirieren zu eigenen Initiativen.
Ausblick: Was können wir in Fritzlar lernen?
Die Synagoge Vöhl zeigt eindrucksvoll, wie aus einem vernachlässigten Gebäude ein lebendiger Ort der Erinnerung und Bildung werden kann. Für Fritzlar stelle ich mir folgende Fragen:
- Wie können wir unsere vorhandenen Gedenkstätten stärker in die Bildungsarbeit einbeziehen?
- Welche Möglichkeiten gibt es für Kooperationen mit Schulen und Jugendeinrichtungen?
- Können wir von erfolgreichen Projekten wie dem in Vöhl lernen und eigene Initiativen entwickeln?
Erinnerungskultur ist keine Angelegenheit der Vergangenheit, sondern eine aktive Aufgabe für die Gegenwart – gerade angesichts wachsender antisemitischer Tendenzen in unserer Gesellschaft. Als angehender Kommunalpolitiker sehe ich es als meine Verantwortung, diese wichtige Arbeit zu unterstützen und voranzutreiben.
Weitere Informationen zur Synagoge Vöhl finden Sie unter: www.synagoge-voehl.de.